Was für ein Mensch will ich sein?
Autor: Ellen Hall
Datum: 07.03.2023
Diese Frage kann sich auf viele Bereiche beziehen: Will ich erfolgreich werden, will ich ehrgeizig sein und, im Wesentlichen, will ich ein guter oder ein schlechter Mensch werden? Aber wann bin ich ein guter Mensch und liegt es bei mir, ob ich ein guter Mensch werden kann? Der Besuch in der Konzentrationslager-Gedenkstätte Dachau im Rahmen des Religionsunterrichts der neunten Klassen hat mir erst wirklich klar gemacht, dass jeder Mensch beides in sich hat.
In der heutigen Zeit liegt unser Fokus nicht immer auf den Werten der Menschlichkeit. Im Alltag konzentriert man sich, ob in der Schule, unter Freunden oder in den Medien, auf Erfolg, Spaß und Konsum. Nachdem ich gesehen habe, unter welchen Bedingungen die Menschen im KZ arbeiten mussten, wie sie auf grausamste Art und Weise bestraft und ermordet wurden, wie die Würde jedes einzelnen zutiefst missachtet wurde, kommt mir mein Fokus im Leben ziemlich banal vor. Es fällt mir schwer zu begreifen, dass jemand in der Lage war, einen anderen Mensch so zu behandeln. Es fühlt sich so surreal an, dass das wirklich passiert ist. Die Vergangenheit trifft einen ziemlich hart, wenn man versteht, dass all das damals für die Menschen die Realität war und Menschen wie Du und ich dafür verantwortlich waren. In dem Wort Menschlichkeit steckt der Ausdruck Mensch, das heißt, es bedeutet, wie ein Mensch zu sein. Wie kann es jetzt passieren, dass es unmenschliche, also Menschen mit einer dem Menschen unwürdigen Art und Weise gibt?
Meiner Meinung nach ist Menschlichkeit eine bewusste Entscheidung. So konnten sich die Soldaten der Wehrmacht bewusst dazu entscheiden, wie sie sich gegenüber den Gefangenen verhielten. Dies zeigen auch Geschichten, in denen sich untereinander und zwischen den verschiedenen Standpunkten geholfen wurde. In unserem Alltag begegnen uns ebenfalls immer wieder Situationen, in denen wir Unmenschlichkeit mitbekommen und vor die Entscheidung gestellt werden, einzugreifen oder nichts zu tun. Das hört sich in der Praxis ziemlich einfach an, ist es jedoch nicht. Denn sich gegen Unmenschlichkeit zu entscheiden, ist schwer und kostet Kraft. Das Problem an der ganzen Sache ist, dass es Konsequenzen haben kann, sich menschlich zu verhalten. Stellt man sich auf die Seite einer gemobbten Person, begibt man sich automatisch in eine Minderheit, was bedeuten kann, dass man beispielsweise ebenfalls gemobbt wird. Menschlich zu sein heißt also, das Wohl anderer vorzuziehen und sich dadurch selbst in eine unangenehme Lage zu befördern, und das scheint nun einmal nicht wirklich intelligent oder vorteilhaft zu sein. Aber wenn es nun so viele Gründe gibt, der Menschlichkeit nicht nachzugehen, wieso tun wir es dann trotzdem? Weil wir Menschen ein Gewissen haben, emphatisch sind und tief in unserem Inneren verstehen, dass wir anderen Menschen helfen sollten, so wie uns auch geholfen wird. Abschließend lässt sich sagen, dass immer, wenn wir auf Unmenschlichkeit treffen, eine Entscheidung von uns gefordert wird und es in diesem Fall keine Enthaltung gibt, denn nichts zu tun ist eine genauso gravierende Entscheidung wie einzugreifen. Also, wenn ihr nächstes Mal vor der Entscheidung stehen solltet, fragt euch, was für ein Mensch ihr sein wollt und erinnert euch, dass es sogar Mensch im Konzentrationslager geschafft haben, der Unmenschlichkeit zu widerstehen, obwohl das ihren Tod bedeutet haben kann. Habt den Mut, der Mensch zu sein, den ihr euch in der ungerecht behandelten Position wünschen würdet.